O mýthos tis dimiourgías

Der Mythos über die Entstehung der Welt

Akira die Bardin · 1. November 2021 · Lesedauer ~ 2 Minuten

Thylea gehörte zu den alten Göttern - sie war schon alt, als die Welt noch jung war. Sie war sanftmütig und großzügig und wurde in einer Zeit des Krieges und des Chaos unter ihresgleichen geboren. Da sie sich weigerte, in den Auseinandersetzungen eine Seite einzunehmen, lebte sie ihr ganzes Leben in nachdenklicher Stille und sprach nie ein einziges Wort.

Doch obwohl sie schweigsam war, besaß sie eine mächtige Stärke, welche die anderen Götter fühlten und respektierten. Selbst Kentimane mit den Hundert Händen - der gewalttätigste und kriegerischste von allen - fühlte sich von ihrer stillen Stärke angezogen. Von allen Göttern konnte nur sie sein wütendes Temperament mit ihrem ruhigen Geist besänftigen.

Schließlich wurde Thylea des endlosen Streits und der Konflikte müde. Sie isolierte sich von den anderen Göttern und suchte an den äußersten Rändern des Ozeans Zuflucht. Kentimane - jetzt ihr Geliebter und Beschützer - folgte ihr und wandte sich von Krieg und Gewalt ab, um mit Thylea den Weg der Stille zu gehen.

Alleine waren die beiden eine Zeit lang glücklich. Doch Thylea spürte noch immer all den Schmerz und das Leid in der Welt wie eine Million Pfeile, die ihre sanfte Seele durchbohrten. Mit der Zeit wich ihre Freude der Verzweiflung, bis sie es nicht mehr ertragen konnte und sich in den Fluten ertränkte.

Doch ihr Tod war keine Kapitulation… er war ein großartiges Opfer. Thyleas Körper löste sich auf; ihr Kopf und ihr Oberkörper schwammen zurück an die Oberfläche und wurden zu einer Kette von einsamen Inseln. Ihr Herz brach aus ihrer Brust und verwandelte sich in einen großen Baum, der sich aus dem Zentrum des Kontinents erhob, den sie geboren hatte. Ihre Gliedmaßen sanken auf den Meeresgrund, dehnten sich aus und verdrehten sich zu großen Wurzeln, die jede Insel miteinander verbanden und fruchtbare Gewächse und sanfte Lebewesen nährten, die auf der Oberfläche der Inseln entstanden waren.

Kentimanes Trauer über den Tod seiner Geliebten war unermesslich. Ohne Thylea, die seine Launen milderte, erlag er einmal mehr seinen heftigsten Trieben. Er schrie seine Wut zum Himmel und tobte in den Ozeanen um den Körper seiner Geliebten herum, entfesselte schreckliche Stürme und gewaltige Flutwellen, die die neuentstandenen Inseln zu verschlingen drohten.

Doch selbst nach ihrem Tod blieb ein Teil von Thyleas Geist in dem großen Baum des Herzens in der Mitte der Inseln. Sie streckte ihre Hand aus - schweigend wie immer - und berührte den Geist ihres wütenden Gatten, um seinen gequälten Geist mit einer sanften Berührung zu besänftigen. Als der hundertarmige Riese ihre Gegenwart spürte, verwandelte er seinen Kummer in ein neues Lebensziel. Mit einem Versprechen verband er sich mit dem, was von seiner Geliebten übrig geblieben war, und wurde zum Wächter und Beschützer der Inseln, der in den Gewässern um ihre unberührten Küsten ewige Wache hielt.

Genährt von Thyleas großzügigem Geist - und mit Kentimane, der die Übel der Außenwelt in Schach hielt - blühte das Leben im Vergessenen Land zu einem perfekten, unberührten Paradies auf. Und schließlich war die Göttin, die nie sprach, zufrieden.